Mehmet Turgut
Mehmet Turgut wurde am 3. Januar 1979 im türkischn Kayalık geboren. In dem kleinen kurdischen Dorf lebte er mit seinen vier Geschwistern und seinen Eltern, die als Landwirte tätig waren. Seit seinem 17. Lebensjahr versuchte Mehmet Turgut in Deutschland oder Österreich Fuß zu fassen. Er träumte von einem unabhängigen Leben in Deutschland, wollte hier eine Familie gründen und seine Eltern unterstützen. Um sich seinen Traum zu verwirklichen, nahm er verschiedene Jobs an, arbeitete in Imbissen oder als Erntehelfer. Mehmets jüngster Bruder Mustafa erinnert sich: „Memo – so nannten wir meinen großen Bruder Mehmet. Ich war 12 Jahre alt, als er in Deutschland ermordet wurde. […] Wir hatten […] nur wenig gemeinsame Zeit miteinander, denn Memo war häufig in Deutschland. Seine […]
Mehmet Turgut wurde am 3. Januar 1979 im türkischn Kayalık geboren. In dem kleinen kurdischen Dorf lebte er mit seinen vier Geschwistern und seinen Eltern, die als Landwirte tätig waren.
Seit seinem 17. Lebensjahr versuchte Mehmet Turgut in Deutschland oder Österreich Fuß zu fassen. Er träumte von einem unabhängigen Leben in Deutschland, wollte hier eine Familie gründen und seine Eltern unterstützen. Um sich seinen Traum zu verwirklichen, nahm er verschiedene Jobs an, arbeitete in Imbissen oder als Erntehelfer.
Mehmets jüngster Bruder Mustafa erinnert sich:
„Memo – so nannten wir meinen großen Bruder Mehmet. Ich war 12 Jahre alt, als er in Deutschland ermordet wurde. […] Wir hatten […] nur wenig gemeinsame Zeit miteinander, denn Memo war häufig in Deutschland. Seine Stimme hörte ich oft nur durchs Telefon. Deutschland war wie ein Sog für ihn. Er hatte keine Arbeitserlaubnis dort, keine Aufenthaltserlaubnis. Er wurde abgeschoben und kehrte doch immer wieder dorthin zurück. Ich glaube, dass es ihm nicht sehr gut ging dort. Und doch bedeutete Deutschland für ihn Hoffnung.“
Mustafa Turgut, in: Unsere Wunden kann die Zeit nicht heilen. Was der NSU-Terror für die Opfer und Angehörigen bedeutet (2014), S.
Nach Rostock kam Mehmet Turgut 2004. Hier half er bei einem Bekannten in einem Dönerimbiss aus. Ein Freund aus Rostock erinnert sich an ihn:
„Er war der netteste Mensch, den ich je gekannt habe – immer sehr höflich, immer sehr freundlich“
Che Atay, in: Rostocker gedenken Mehmet Turguts, https://www.nnn.de/lokales/rostock/rostocker-gedenken-mehmet-turguts-id4270676.html (26.02.2012)
Kurze Zeit nach seiner Ankunft in Rostock wurde Mehmet Turgut von Neonazis des NSU ermordet. Er hatte am Morgen des 25. Februar 2004 gerade den Dönerimbiss aufgeschlossen, als die Täter den Laden betraten und ihn mit drei Kopfschüssen ermordeten. Der Imbissbetreiber fand ihn wenige Minuten später schwerverletzt. Mehmet Turgut verstarb kurz darauf im Rettungswagen. Er wurde nur 25 Jahre alt.
Die folgenden Jahre beschreibt sein Bruder Mustafa als „Albtraum für die Familie“, denn der Polizei gelang es nicht, den Mord aufzuklären.
„Alle suchten nach Erklärungen und die Zeit der Gerüchte im Dorf begann. […] Irgendwann kam dann auch die deutsche Polizei. […] Die deutsche Polizei hat unsere ganze Familie schlecht gemacht […]. Sie hat die Gerüchte zusätzlich angeheizt. Die Verdächtigungen nahmen ein solches Ausmaß an, dass es die Familie fast zerstört hätte.“
Mustafa Turgut, in: Unsere Wunden kann die Zeit nicht heilen. Was der NSU-Terror für die Opfer und Angehörigen bedeutet (2014), S.
Die Familie vermutete, dass Mehmet von Neonazis ermordet wurde:
„Mein Vater hatte zuvor ja einige Zeit in Deutschland gearbeitet. Er kannte Ausländerfeindlichkeit. Er war sich sicher: Das waren bestimmt die Kahlköpfe. (…) Wir hatten keine andere Erklärung, doch keiner hat uns geglaubt. Das war das Schlimmste. Nur mein Vater war sicher: Es waren die Neonazis und eines Tages kommt die Wahrheit heraus.“
Mustafa Turgut, in: Unsere Wunden kann die Zeit nicht heilen. Was der NSU-Terror für die Opfer und Angehörigen bedeutet (2014), S.
Sieben Jahre nach dem Tod von Mehmet Turgut bekannte sich das neonazistische Terrornetzwerk NSU zu dem Mord. Seitdem finden in Rostock Gedenkveranstaltungen in Erinnerung an Mehmet Tugut statt. Die Familie von Mehmet Turgut wünscht sich, dass die Straße am Tatort nach ihm benannt wird.